The Last Bus

Seine letzte Reise: In «The Last Bus» erzählt der Brite Gillies MacKinnon die Geschichte eines alten Mannes, der sich mit der Asche seiner Frau im Koffer auf die lange Reise macht, zurück zum Ort ihrer ersten Liebe. Entstanden ist ein langer, anregender Monolog über das Leben.
The Last Bus

Tom, an der ersten Bus-Station

Seit 50 Jahren lebt Tom Harper mit seiner Frau Mary in einem abgelegenen Dorf am nördlichsten Punkt Schottlands. Als 90-Jähriger macht er sich mit dem öffentlichen Bus auf die weite Reise nach Land’s End, nahe dem südlichsten Punkt Englands, seinem Geburtsort. Seine Frau ist verstorben, ihr hat er versprochen, ihre Asche dorthin zu bringen, wo sie sich kennengelernt haben. Mit einer rechten Portion Mut, Zuversicht und Spontaneität trotzt Tom seiner Verletzlichkeit und Krankheit.

«The Last Bus» erinnert uns daran, dass wir alle auf einer Reise sind, unserer Lebensreise. Doch Toms Reise hat eine besondere Qualität: Sie spielt in der Gegenwart, der Vergangenheit und am Schluss sogar in der Zukunft, womit auch wir eingeladen sind, über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unserer Lebensreise zu sinnieren. Der britische Charakterdarsteller Timothy Spall, bekannt aus «The King's Speech» bietet sich dafür als vorzügliche Identifikationsfigur an, unterstützt von Phyllis Logan, seiner gleichaltrigen Frau Mary, und von Ben Ewing und Natalie Mitson, die jungen Tom und Mary. Realisiert hat den Film der Brite Gillies Mackinnon, unterstützt von George Cameron Geddes an der Kamera und Ian Neil mit der Musik.


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Etwas ungewohnt Gäste im Bus

Anmerkung des Regisseurs

Als ich Joe Ainsworths Buch «The Last Bus» zum ersten Mal las, verliebte ich mich sogleich in die Idee eines Roadmovies mit einem alten Mann, der mit seinem Senioren-Bus-Pass eine lange Reise durchs ganze Land macht. Es war seine letzte, 874 Meilen vom nördlichsten John O’Groats zum südlichsten Punkt Land's End. Diese Reise hat er seiner Frau Mary versprochen, welche die beiden vor sechzig Jahre in umgekehrter Reihenfolge mit den gleichen Buslinien und den gleichen B&B-Unterkünften machten. Sein Geschenk an die verstorbene Geliebte. Dass ihm die Zeit dabei davonläuft und allerhand Widrigkeiten und Unvorhergesehenes beschert, gehört zu seinem Alter. Denn jenseits der sorgfältig geplanten Mission liegt etwas, auf das er nicht wirklich vorbereitet ist: das Leben selbst, mit seinen Problemen und Komplikationen, aber auch schönen Begegnungen und freudigen Überraschungen. Die Menschen, denen er begegnet, bringen seine Pläne manchmal ins Schlingern, bereichern sein Leben aber auf vielfältige Weise.

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Mary und Tom, als junges Paar im neuen Heim

Ein Roadmovie hin ...

«Bring mich weg von hier, Tom. So weit, wie wir können», bittet die junge Mary ihren Angetrauten. Mit diesen Worten beginnt der Film eine doppelte Reise: jene des jungen Paares, dann jene des alten Tom. Die erste vom Süden in den Norden, ihre Wunschheimat, die zweite vom Norden in den Süden, ihren Geburtsort. Die letzte Reise, die Haupthandlung, ist so wie das Leben: voller Überraschungen, schönen und weniger schönen, solchen, bei denen er aktiv wird, und solchen, bei denen er etwas zu ertragen hat. Dies wird immer wieder unterbrochen mit Szenen der jungen oder mit der gealterten Mary.

Bereits am Anfang will eine Frau Tom seinen kostbaren Koffer klauen. Etwas später im Bus mischt Tom sich ein, als ein Mann eine Muslimin beleidigt, was Folgen für ihn hat. Und als er bei einer Panne als ehemaliger Mechaniker hilft, verletzt er sich und wird später, während er auf den nächsten Bus wartet, von einem Paar nach Hause mitgenommen und dort von einer schwarzen Frau verarztet. Nach einem schlimmen Crash des Busses, bei dem das Dach weggerissen wird, kommt Tom ins Spital, von wo er aber bald einmal flieht, um seine Reise fortzusetzen. Es eilt, seine Kräfte lassen nach und der Weg ist noch lang. Abhalten kann ihn auch das Geburtstagsfest einer kroatischen Familie nicht, zu dem er eingeladen wird. Er muss weiter. Weiter überrascht er auf einer Station eine Fangruppe mit einem alten Lied, das er solo vorträgt. So geht die Reise des gebrechlichen, aber willensstarken alten Mannes weiter und weiter.    


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Mary und Tom im Alter

... ein Roadmovie zurück

 

Was während 88 Minuten abläuft, ist unterhaltsam und interessant. Dabei wechselt der Film immer wieder die Zeitebenen und die Orte. Mal sind wir beim alten Tom, dann wieder zusammen mit der gleichaltrigen Mary oder beim frisch verliebten Paar. Diese Ellipsen, diese Vor- und Rückblenden verweisen auf das Damals und Heute. Sie motivieren uns, dieses Hin und Her auch in unserem Leben zu verfolgen. In einigen Szenen verlässt der Film die Realität und wird märchenhaft, ja surreal. Dort etwa, wo das junge Paar auf der einen Strassenseite ins Dorf einzieht, während gleichzeitig der alte Tom auf der andern es verlässt, ohne dass sie sich gegenseitig bemerkt hätten. Oder dort, wo der alte Tom an der Tür des Blue Hills B&B läutet, dann aber, nach einem Schnitt, das junge Paar dort bereits im Bett liegt. In solchen Momenten wird deutlich, dass es sich bei «The Last Bus» eigentlich um ein Märchen handelt. Ein Märchen jedoch, wie es sie im realen Leben gibt. Am schönsten und sinnigsten wohl die Schlussszene, in der die junge Mary den alten Tom einladend fragt, ob er «bereit sei», und sie ihn anschliessend mitnimmt im Fond eines Hochzeitsbusses.

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Tom, im Oberdeck des Busses

Der Weg ist das Ziel


Eine letzte Reise: In «The Last Bus» erzählt der Brite Gillies MacKinnon die Geschichte eines alten Mannes, der sich mit der Asche seiner Frau im Koffer auf die lange Reise macht, zurück zum Ort ihrer ersten Liebe. Entstanden ist ein langer, anregender Monolog über das Leben.
Tom will unbedingt sein Versprechen einhalten und reist deshalb Tag und Nacht, soweit es seine Kräfte zulassen. Der Film spielt in der Gegenwart und in der Vergangenheit, pendelt hin und her: von den Jungen zu den Alten, vom alten Tom zur jungen Mary und so weiter. Als Botschaft bringt «The Last Bus» etwas, das im Film nur selten thematisiert wird: eine Liebe über den Tod hinaus. Das lässt auch den Schluss zu, wie das Leben der beiden früher, in ihrer Jugend, gewesen ist. Damit wird erlebbar, was Generationen übergreifend verbinden. Eine Einsicht, die einem oft erst dann kommt, wenn jemand aus der älteren oder aus der jüngeren Generation stirbt und wir feststellen, dass jetzt die Wurzeln ausgerissen, die Zukunftsträume zerstört sind. Gillies MacKinnon verbindet in seinem Film, was in der Gesellschaft oft getrennt ist, zu einer Einheit, zu etwas Ganzen. Das tut gut in einer Zeit, in der überall vehement auf das Vorrecht der einen oder der andern Generation gepocht wird. Die Fantasie des Filmemachers macht in diesem Film Unsichtbares sichtbar und Unbekanntes bekannt.

Regie: Gillies MacKinnon, Produktion: 2021, Länge: 88 min, Verleih: Filmcoopi