Le cercle

Eine Frau darf in der Öffentlichkeit nicht rauchen und muss einen Tschador tragen. Sie kann ohne Ehemann nicht in einem Hotel übernachten, sie kriegt ohne Identitätskarte kein Ticket für den Bus und kann ohne Einwilligung ihres Gatten keine Abtreibung vornehmen lassen.

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Das alles und mehr wissen wir über die Situation der Frau im Islam. Doch erleben – wenn auch bloss medial – müsste man es, damit es in uns drin etwas bewegt!

In «Le cercle» von Jafar Pahani erleben wir, wie ein Mädchen zur Welt kommt und rundherum unerwünscht ist, wie drei Frauen auf Hafturlaub sich zur Flucht entscheiden, wie eine ledige schwangere Frau von ihren Brüdern aus dem Haus geworfen wird. Es kreuzen sich unter immer dramatischeren Umständen die Wege verschiedener junger Frauen im heutigen Iran. Doch der Druck der Überwachung und der Diskriminierungen raubt ihnen nicht den Mut und die Kraft, anzukämpfen gegen eine (islamische) Gesellschaft, die von Männern für Männer geschaffen wurde.

Ein Fait divers und doch mehr

Ein kritischer, an der Zensur vorbei gedrehter Film über die Schicksale von Frauen im heutigen Iran ist Panahi mit «Le cercle» gelungen. «Eines Tages entdeckte ich diese Meldung unter «Vermischtes»: Eine Frau hatte Selbstmord begangen, nachdem sie vorher ihre beiden kleinen Töchter umgebracht hatte. Die Zeitung schrieb nichts zu den Hintergründen dieser Tat. Zweifellos fand man jegliche Erklärung überflüssig angesichts dessen, dass viele Gemeinschaften in diesem Lande Frauen die fundamentalen Rechte vorenthalten und aus ihnen praktisch Gefangene machen. Das betrifft nicht eine bestimmte Gruppe von Frauen, sondern alle. So, als ob jede den Platz einer anderen einnehmen könnte in einem unendlichen Reigen, in dem alle Frauen austauschbar wären.»

Ein Film wie dieser macht begreifbar, seiner hohen Emotionalität wegen, erlebbar, was es heisst, als Frau, ihres Geschlechtes wegen diskriminiert zu werden, «nicht gewollt» zu sein. Meist erleben sie in unsern Breitengraden ihre Diskriminierung in abgeschwächter und verschleierter Form.

Die «Übertreibungen» des Films, die «Vergrösserungen» der Bilder können uns sensibel machen für weniger Offensichtliches, für Alltäglicheres, Gewöhnliches auch bei uns. Vielleicht können sie uns darauf vorbereitet, wie es im Innern solch diskriminierter Frauen, mit denen wir vielleicht beruflich zu tun haben, aussehen mag.