Deep Blue

Nachdem vor neun Jahren mit «Microcosmos» das Volk der Gläser seinen Einzug ins Kino gehalten hat, ihm vor drei Jahren mit «Le peuple migrateur» die Zugvögel gefolgt sind, gilt es nun mit «Deep Blue», die Bewohner der Meere kennen zu lernen.

Der BBC-Dokumentarfilm bietet ein Dreifaches, was Lehrerinnen und Lehrer etwas bedeuten dürfte. Er lehrt uns staunen, macht neugierig und motiviert zum Handeln.

Vom Polareis bis zu 5000 Meter unter den Meeresspiegel haben zwanzig Kamerateams weltweit über 7000 Stunden Filmmaterial zusammengetragen. Während fünf Jahren Dreharbeiten wurden sogar bisher völlig unbekannte Tierarten entdeckt: eine riesige Quallenart und ein Octopus. Die Regisseure Alastair Fothergill und Andy Byatt zeigen in «Deep Blue» während 90 Minuten auf der Leinwand, was wir bisher noch nie gesehen haben. Eine rennende Armee blauer Soldatenkrabben, einen farbigen Korallengarten voll bunter Rifffische, eine Eisbärin, die ihrem Jungen das Jagen beibringt, Thunfische und Delphine, die einen riesigen Schwarm dicht zusammengedrängter Fischchen, vertilgen. Usw. usf. Wir erleben im schönsten Sinn als Unterhaltung, als «Unterhalt für die Seele», eine faszinierende Farb- und Formensymphonie, fast ohne Kommentar, gerade so viel, dass man den Film versteht.

Ein Film für Kopf, Herz und Hand

Das erste Verdienst dieses Werkes ist, wie uns diese Meer- und Tierbilder die Augen öffnet, dass wir sie kaum mehr schliessen können. All das Unbeschreibliche gehört zum Kosmos, zur Schöpfung, zu unserer Welt! Es erfüllt uns Staunen. «Die Welt ist tief und tiefer als der Tag gedacht», möchte man mit Nietzsche antworten. – Dass Staunen der Anfang der Philosophie ist, wird hier aufs Schönste nachvollziehbar.

Je stärker wir gewohnt sind, alles Sichtbare mit dem Verstand zu ergründen, desto stärker werden wir hier animiert, das hier Gezeigte auch mit damit zu begreifen. Dies das zweite Verdienst des Films. Antworten gibt er zwar nur wenige, bietet jedoch Anschauung und motiviert, Fragen zu stellen und dann Antworten zu finden: in der Literatur, in der Schule, zu Hause – oder vielleicht später einmal selbst als Biologe.

Ein drittes Verdienst des Films ist, Heinrich Pestalozzi folgend, der dezente Aufruf am Schluss, sich mit der Schweizer Organisation ASMS für die Meere und Meeressäuger zu engagieren. Hier wird ausdrücklich formuliert, was viel wirksamer das ganze Werk durchdringt: eine zutiefst innen erfahrene Begeisterung für die Natur und Liebe zur Natur, hör- und sichtbar in jeder Einstellung, jedem Schwenk, jedem Ton.