Pizza Bethlehem

Der Schweizer Dokumentarist Bruno Moll porträtiert in diesem Film eine Frauenfussballmannschaft in Bethlehem bei Bern und schildert locker und humorvoll wie Migration gelingen kann. Wertvoll auch für Ältere, die diese Jugendlichen mit fremden Wurzeln kaum kennen: um Vorurteile abzubauen.

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Agime, Alessandra, Daria, Elmaze, Marie, Natâsa, Rosa, Tiziana und Yolanda – das sind junge Frauen aus Bethlehem, einem Aussenquartier von Bern. Die neun 15- bis 16-Jährigen spiegeln die ethnische Zusammensetzung des Quartiers, in dem sie leben. In ihrer Freizeit spielen sie Fussball, lieben Pizza, plaudern und shoppen fürs Leben gern. Der Filmemacher Bruno Moll hat dieses Fussballteam als Ausgangspunkt genommen, um einfühlsam und beschwingt den Alltag dieser Frauen in Schule, Liebe, Beruf und Familie zu zeigen. Er fragt nach ihrem Selbstverständnis, ihren Träumen, Ängsten und auch danach, was es heisst, fremd zu sein in einem Land, in dem man aufgewachsen ist, dessen Dialekt man spricht, wo man sich zu Hause fühlt.

Im Quartier Bethlehem stehen niedrige Gartensiedlungen und grosse Wohnblöcke dicht nebeneinander. Tscharnergut, Holenacker und Gäbelbach wurden im Geiste der Sechzigerjahre, verdichtet und Platz sparend, gebaut. Verwaltungsmässig gehört es zusammen mit Bümpliz, Oberbottingen und Stöckacker zum Stadtteil 6.

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Bruno Moll, seit 1978 freischaffender Autor und Regisseur, hat nach «Samba Lento», «Hammer», «Gente di Mare» und weiteren 26 Filmen einmal mehr zu seinen «Protagonistinnen» eine Vertrautheit aufgebaut, die beeindruckt und überzeugt. Sie geben dem Film Authentizität und Bodenhaftung. Mit «Pizza Bethlehem» hat er ein politisch bemerkenswertes Dokument geschaffen. Es kommt zwar unbeschwert und humorvoll daher, trifft dennoch den Kern einer Situation, die heute und noch verstärkt morgen unsere Gesellschaft prägen wird: die Völkerwanderung, die Migration, von er der Kommunikations- und Medienphilosoph Vilém Flusser einst schrieb, dass sie «eine kreative Situation» sei «und eine schmerzhafte» zugleich.

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Die jungen Frauen sind so überzeugend und frisch, weil sie sich selber spielen können, in ihren eigenen vier Wänden, im Einkaufszentrum, mit Freundinnen, im Ausgang und, selbstredend, auf dem Fussballfeld. So ist ein unterhaltsames, faszinierendes, lebendiges, vielschichtiges Porträt von jungen Immigrantinnen oder von Kindern von in die Schweiz Eingewanderten entstanden.

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«Als eine der grossen Herausforderungen unserer Zeit betrachte ich die Immigration», meint der heute 62-jährige Autor. Und er fährt fort: «Dabei ist es nicht einmal eine Frage parteipolitischer Ausrichtung, sondern sie gilt meines Erachtens für den Grosssteil unserer Bevölkerung. Wir tun uns schwer mit dieser Tatsache, doch wir alle stecken mittendrin. Die Immigration reicher Eliten, die bei uns klotzige Villen bauen, begrüssen wir mit Bückling und Steuererleichterungen. Jene der hochgebildeten Fachkräfte heissen wir, wenn sie nicht gerade aus Deutschland kommen, willkommen.

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Die Immigration, die uns allgemein ängstigt, stammt aus den armen und kriegsversehrten Ländern dieser Welt. Diese weitgehend unerwünschte Immigration wird trotz allen Barrikaden, die wir errichten, in den nächsten Jahren, wahrscheinlich Jahrzehnten, kaum abnehmen. Das friedfertige Zusammenleben ist zu einem Kernthema der politischen Agenda geworden. Wir sind gefordert, uns mit den Immigranten zu arrangieren. Sie sind ein Teil jener Gesellschaft, die wir als die „unsere“ bezeichnen. Es kann dabei nicht um Integration gehen. Es kann sich nur um Zusammengehen handeln, aus dem etwas Neues, Anderes entsteht. Der Mangel an Willen beider Seiten, dies zu akzeptieren, führt zu teils gravierenden Konflikten.» Soweit Bruno Moll.