The Best Exotic Marigold Hotel

Der britische Regisseur John Madden entführt Seniorinnen und Senioren – und uns – mit «The Best Exotic Marigold Hotel» in ein abenteuerliches und anregendes Wohlfühl-Abenteuer.

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Eine Gruppe englischer Pensionäre, verkörpert von Stars wie Judi Dench, Maggie Smith, Bill Nighy, Tom Wilkinson, Celia Imrie, Penelope Wilton und Ronald Pickup, beschliesst, aus je verschiedensten Gründen, nach Indien auszuwandern und dort ihren Ruhestand zu verbringen. Hier ist das Leben billiger, die Rente mehr wert und eine besondere Exotik zu erwarten. In Vorfreude auf das restaurierte Marigold Hotel, das sie gewählt haben, hoffen sie auf einen geruhsamen Alterssitz, müssen aber entdecken, dass der einstige Palast seine besten Tage weit hinter sich hat. Obwohl ihr neues Heim weit weniger luxuriös ist als gedacht, entdecken sie mit der Zeit dennoch, dass das Leben und vielleicht sogar die Liebe hier für sie nochmals von vorn beginnen können, wenn sie bloss die Vergangenheit abstreifen.

Zusammen mit Stars das Alter erkunden und geniessen

Regisseur John Madden, der einst mit «Shakespeare in Love» zu Oscar-Ehren gelangt ist, verfrachtet in diesem Wohlfühl-Film das bunte Grüppchen nicht mehr ganz junger Briten von der nebligen Insel nach dem sonnigen Indien, vom Gewöhnlichen zum Ungewöhnlichen, vom Bekannten zum Unbekannten, insgesamt zur «terra incognita» des Alters und des Alterns.

Da ist zum Beispiel die frisch verwitwete, jetzt verschuldete und vereinsamte Evelyn (Judi Dench), dort das verkorkste Ehepaar Douglas (Bill Nighy) und Jean (Penelope Wilton) und weiter der erfolgreiche Ex-Richter Graham (Tom Wilkinson), der ein Leben lang darauf gewartet hat, in Jaipur die Liebe seines Lebens wiederzufinden, sowie die fremdenfeindliche Muriel (Maggie Smith), die nur ihrer Hüftoperation wegendie Heimat verlässt. Einmal im «Best Exotic Marigold Hotel» angekommen, gesellt sich zur Aufregung des Neuanfangs im fremden Land vor allem eine grosse Ernüchterung. Das von dem jungen Sprücheklopfer Sonny (Dev Patel), bekannt aus «Slumdog-Millionär», siehe Titelbild) geleitete Hotel ist mehr als baufällig, auf Strom oder Telefon ist kein Verlass, das Essen gewöhnungsbedürftig. Nach einer Weile allerdings haben sich zumindest die Mutigen unter ihnen etwas mit der indischen Lebensfreude infiziert, was ganz zum Genre des Wohlfühl-Kinos passt.

In neuer Umgebung ein neues Leben starten

In vielen aktuellen Filmen prallen Generationen oder Kulturen aufeinander, bis die Beteiligten am Ende neue Seiten an sich entdecken, die das Gegeneinander zu einem Miteinander führen können. Genauso macht es der Routinier John Madden. Die Charaktere in seinem Film sind ausgesucht charmant und filmreif verschroben, insgesamt allesamt liebenswert und interessant. Schliesslich kommt fast alles, wie man es erwartet hat, von ein paar kleinen überraschenden und bewegenden Episoden abgesehen. Die indische Folklore hält sich in Grenzen, das moderne Stadtleben pulsiert im Hintergrund, die berührenden Geschichten der sieben bieder-braven Seniorinnen und Senioren stehen im Vordergrund.

Auch leichte Unterhaltung kann gut tun

ch denke mir, der Regisseur dieses zweistündigen Films ging ohne eine spezielle Absicht und ohne besondere Botschaft an diesen Film heran. Er hatte ja exzellente Schauspielerinnen und Schauspieler, ein Drehbuch nach einem erfolgreichen Buch mit vielen unterhaltsamen Seniorengeschichten, eine hoch professionelle Equipe mit einem ansehnlichen Budget. Das ergab dann «The Best Exotic Marigold Hotel». Auch ohne besondere Botschaft zum Altersthema lohnt sich der Besuch dieses Films.

Zum Ersten, weil es wichtig ist, dass Filme mit älteren Menschen ins Kino kommen. Denn es geht darum, dass die Alten, das Alter und das Altern in einer wesentlich durch die Jugend geprägten Gesellschaft vorkommen, wahrgenommen werden – und die Gesellschaft sich damit auseinandersetzt.

Zweitens lohnt es sich – wenn wir davon ausgehen, dass Filme bloss zur einen Hälfte von den Filmemachern, zur andern von uns gemacht werden –, dass wir diese Filmgeschichten zu unsern Geschichten machen. Denn es tut gut, wenn wir als alternde Menschen Varianten des Alt-Seins, Alternativen des Alterns durchdenken, durchspielen, durchleben: bei Evelyn, Graham, Muriel, Douglas, Jean und allen andern.

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Es braucht, so zeigt dieser Film, nicht immer hochartifizielle filmische Meisterwerke, dass wir im Kino für uns einen menschlichen Mehrwert erhalten. Auch ein massentauglicher Film wie «The Best Exotic Marigold Hotel» kann uns das bieten.