Welcome to the Rileys

Eine Eltern-Kind-Beziehung in einem eindrücklichen Melodrama des englischen Filmregisseurs Jake Scott, die zur Selbstbesinnung anregt.

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Auf einer Geschäftsreise trifft Doug in einem Striplokal in New Orleans auf die junge Tänzerin Mallory. Die trotzige Ausreisserin macht sich an ihn, denn sie sieht in ihm einen typischen Freier. Doch Doug fühlt sich bei ihr auf schmerzliche Weise an seine Tochter erinnert, die vor acht Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Ein Verlust, mit dem weder er noch seine Frau Lois je richtig fertig geworden sind. Doug beschliesst, sich der jungen Frau anzunehmen, will ihr zu einem ordentlichen Leben verhelfen. Dieser Entscheid jedoch bleibt auch für seine Ehe nicht ohne Folgen bleibt.

Ein ausser-ordentlicher Film

Ausserordentlich ist der Film, weil er ausserhalb der gewöhnlichen Ordnung steht und diese stört. Doug tritt anders an Mallory heran, als es der Ordnung in einem Stripschuppen entspricht. Er will das nicht von ihr, was Männer an solchen Orten wollen, den schnellen Sex, er sucht ein Gespräch, eine Begegnung, weil er in ihr irgendwie seiner Tochter begegnet. Ausserordentlich ist auch die herunter gekommene Mallory, weil bei ihr mehr und mehr der verschüttete Kern eines beschädigten Menschen durchbricht, sie zu sich und zu den andern findet. Und auch Lois ist schliesslich ausserordentlich, wie sie, nach dem ersten Schock, als ihr Mann bei ihrem Besuch in New Orleans in der Absteige der Nutte und nicht bei ihr übernachten will, allmählich sich öffnet für das Ausserordentliche dieser Beziehung und mit dem Herzen zu sehen beginnt und die junge Frau in ihre Beziehung einbezieht.

Eine andere Eltern-Tochter-Beziehung

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Im ungewöhnlichen und konsequenten Verhalten des «Vaters» Doug zur «Tochter» Mallory wiederholt sich das gewöhnliche und konventionelle Verhalten der Mutter Lois ihrer verunglückten Tochter gegenüber. Sie konnte es damals nicht zulassen, dass die Tochter einen in ihren Augen «falschen» Weg beschritt, genau so wie es Doug bei Mallory anfänglich nicht zulassen kann, dass sie ihren «falschen» Weg geht. Erst als er über seinen eigenen Schatten springt, wendet sich die neue «Vater-Tochter»-Beziehung zu etwas wesenhaft Neuem, was schliesslich auch seine Ehe belebt. Für alle drei zutiefst ein Happy End, ein glückliches und gleichwohl offenes Ende.

Eine Geschichte, die betroffen macht und herausfordert

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Die sorgfältige und kluge Regie von Jake Scott (*1965) und das grossartige Spiel der drei Protagonisten, James Gandolfini als Doug, Kristen Stewart als Mallory und Melissa Leo als Lois, sowie die schnörkellosen Kameraarbeit von Chris Soos bringen uns die Figuren, ihre Geschichte und damit auch unsere Geschichte nahe. Wo sind wir als Eltern oder Grosseltern unabhängig von der allumfassenden Problematik des Loslassens? Wo wird es nicht immer wieder unsere Aufgabe, äussere Ordnungen zu durchbrechen, um inneren gerecht zu werden, also Regeln zu durchbrechen, um Liebe zu leben: Wieder einmal erinnert der Film an das Augustinus-Wort: «Liebe, und dann tu, was du willst.»

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