6 Días en Barcelona

Drei Klempner im Dauereinsatz: Der Film «6 Días en Barcelona» der katalanischen Regisseurin Neus Ballús ist eine unterhaltsame Komödie über zwischenmenschliche Beziehungen, die Spass macht und da oder dort ein Lächeln oder ein Sinnieren über drei Klempner und über sich selber weckt. Ab 19. Mai im Kino
6 Días en Barcelona

Valero, Moha und Pep arbeiten und streiten sich

«Mein Vater ist Klempner. Im Laufe der Jahre hörte ich alle möglichen Geschichten über seinen Beruf und die seltsamen Situationen, denen er in den Wohnungen und Häusern seiner Kunden begegnete. Und es begannen mich die Vorurteile und die Komplexität dieser Situationen zu beeindrucken», erklärt Neus Ballús, die Regisseurin, den Ursprung ihres Spielfilms, den sie zusammen mit der Produzentin Miriam Porté, der Autorin Montse Ganges, der Drehbuchschreiberin Ana Sanz-Magallón und der Kamerafrau Anna Molins realisiert hat.


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Die Rivalen beim gemeinsamen Eintopf

Valero (Escolar), Moha(med Melatti), Pepo (Sarrà) arbeiten als Sanitärinstallateure und Elektriker in Barcelona. Moha absolviert eine einwöchige Probezeit, um anschliessend Pep abzulösen, der kurz vor der Pensionierung steht. Trotz seiner Schüchternheit kommt er mit den Kunden erstaunlich gut zurecht. Einzig Valero hat mit ihm Probleme, was vor allem mit dessen marokkanischer Abstammung zusammenhängt. Erst gegen Ende der Woche geht auch er vorsichtig abwartend auf den Ausländer zu und merkt, dass letztlich alles nur miteinander gut funktionieren kann. «Ein kleiner Schritt für einen Installateur, ein grosser Schritt für die Menschheit», meint die Cineastin mit einem Augenzwinkern und in Anspielung auf Neil Armstrongs Schritte auf dem Mond. Sie deutet damit wohl diskret an, dass die kleine Welt der drei Klempner auch der kleinen Welten von uns andern entsprechen kann.

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In einem Fotoatelier der speziellen Art gestrandet

Für «6 Días en Barcelona» haben die Filmemacherinnen mehr als drei Jahre lang mit zahllosen Handwerkern und Kunden gearbeitet, welche sich jetzt im Film selber spielen, im Mittelpunkt das grossartige Klempner-Trio, eingebettet in einer Geschichte, bunt und widersprüchlich, wie sie das Leben schreibt. Hier gibt es reiche und arme, junge und alte, neugierige und verschlossene Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen und ethnischen Zugehörigkeiten sowie einer Vielzahl verschiedener Lebensanschauungen. Wenn diese Figuren aufeinandertreffen, sind sie gefordert, sich mit ihren eigenen Vorurteilen und denen, die sie bei den andern wecken, auseinanderzusetzen, Lösungen zu finden, kopfschüttelnde, erbauliche oder konstruktive.

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Um den Marokkaner dreht es sich am häufigsten

Der Humor dieses Proletarierfilms kommt leicht und unbeschwert daher, doch unter der Oberfläche entstehen von einem Tag zum andern sich verfeinernde und hinterfragende Porträts der drei Männer, die einem nahe kommen und schliesslich vertraut werden. Sie spielen mit ihren sozialen Rollen, mit rassistischen Gefühlen, herrschenden Machtstrukturen im Kontext einer vielfältigen, multikulturellen europäischen Stadt. Und wenn uns «6 Días en Barcelona» da oder dort an den Schweizer Büezer-Film «Hinter den sieben Gleisen» von Kurt Früh mit Zarli Carigiet, Max Haufler und Rudi Walter erinnert, zeichnet das beide gleichermassen aus.

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Vertrauen ist gut, Kontrolle bessern

Zutiefst ist «6 Días en Barcelona» ein Film, der auch eine Herausforderung unserer Zeit anspricht und leise, doch eindrücklich ins Bewusstsein holt: Wie gehen wir miteinander um? Wann verstehen wir uns? Warum verstehen wir uns oft nicht? In diesem Sinn bleibt er ein stiller Appell, immer wieder das menschlich Allzumenschliche wahrzunehmen, das uns zusammenhält oder trennt. Mit seiner besinnlichen Ruhe kann der Film beeindrucken.

6 Dias en Barcelona   die Crew
Die Regisseurin Neus Ballús mit ihrem Klempner-Team

Die 1980 in Katalonien geborene Filmregisseurin Neus Ballús schloss ihr Studium in audiovisueller Kommunikation an der Universität Pompeu Fabra mit einem Master für Dokumentarfilm ab. 2013 realisierte sie ihren ersten Film, «La Plaga», der auf den Internationalen Filmfestspielen Berlin gezeigt wurde, vier Gaudí-Preise gewann und für den Lux-Preis, den Europäischen Filmpreis und Goya-Preise nominiert wurde. Er zeigt den Alltag in einer ländlichen Gegend am Stadtrand von Barcelona. Zuvor hatte sie einige Kurzfilme und 2009 den Dokumentarfilm «Immersió» gedreht, der beim Alcine Festival als bester Kurzfilm ausgezeichnet wurde. Ihr zweiter Film, «El viatge de Marta», feierte 2019 ebenfalls an der Berlinale seine Premiere, und 2021 hatte «6 Días en Barcelona» beim Filmfestival von Locarno Premiere.

Regie: Neus Ballús, Produktion: 2021, Länge: 85 min, Verleih: Xenixfilm