Caramel

In einem Schönheitssalon Beiruts treffen Frauen der verschiedenen Alter und mit unterschiedlichen Vorlieben und Problemen zusammen.

caramel.jpg

Für das Kennenlernen eines Landes wie Israel/Palästina hilft oft auch das Kennenlernen eines Nachbarlandes, für das Verstehen des dortigen Männerverhalten das Verstehen des Frauenverhaltens, für das Erkennen der «Vorderbühne» (Erwing Goffman), des öffentlichen Lebens, das Erkennen der «Hinterbühne», des geheimen Lebens. – In diesem Sinn kann der Film «Caramel», der von Frauen im Libanon handelt, die Augen auch öffnen für das Leben der Menschen im Heiligen Land.

In einem Schönheitssalon Beiruts treffen Frauen der verschiedenen Alter und mit unterschiedlichen Vorlieben und Problemen zusammen. Die christliche Chefin hat ein Verhältnis mit einem verheirateten Muslim. Eine muslimische Verlobte hat Angst zu heiraten, weil sie nicht mehr Jungfrau ist. Eine junge Frau stellt fest, dass sie sich zu einer andern Frau hingezogen fühlt. Und im Umfeld des Salons gibt es Alte, die sich spontan verlieben, sich aber, erschrocken über ihren Mut, wieder zurückziehen, und gibt es Frauen, die sich ein wenig daneben benehmen.

Auf den ersten Blick ist dieser unterhaltsame heiter-melancholische Erstlingsfilm von Nadine Labaki nicht politisch. Doch beim zweiten wird er es dennoch, insofern er Verhalten, Beziehungen und alltägliches Leben ausführlich und eindringlich zeigt, die es im Libanon – und wohl auch in andern arabischen Ländern – offiziell «nicht gibt». Was die Regisseurin zusammen mit ihren Laiendarstellerinnen und einer guten Crew über das Leben in Beirut öffentlich macht, lässt erstaunen und macht nachdenklich. Und zudem ist es sicherlich auch für Männer nicht uninteressant zu hören, worüber Frauen reden, wenn kein Mann in ihrer Nähe weilt.