Das Geheimnis unseres Waldes

Er fasziniert und ängstigt, nützt, erfreut und macht zuweilen Sorgen: der Wald. Einst gezähmt und geplündert, bedeckt er heute wieder einen Drittel der Schweiz. Der Dokumentarfilm «Das Geheimnis unseres Waldes» von Heikko Böhm verhilft zur Neuentdeckung des Waldes.

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Mit beeindruckenden Bildern porträtiert der Film die Wälder der Schweiz, mit viel Aufwand über die Jahreszeiten gedreht, sucht er nach aktuellen Deutungen. «Uns ging es darum, die Wälder in ihrer ganzen Ästhetik zu zeigen und dem Wald ein Gesicht zu geben», meint der Regisseur, weshalb er sich ihm mit Hilfe von Menschen, die eine Leidenschaft für ihn haben, nähert. Einer dieser «Waldmenschen» ist Michel Brunner, der alten, dicken oder sonst wie besonderen Bäumen nachspürt, ein anderer Christof Hagen, der Survival-Instruktor, der bei Indianern Nordamerikas gelernt hat, wie man im Wald überlebt. Für den Forstarbeiter Luigi Frigerio muss ein Wald schön sein, weshalb man das Holz nützen muss. An ihnen und weiteren Personen zeigt der Film die Spannungsfelder im Verhältnis Mensch und Wald auf. Wie weit soll der Wald sich selbst überlassen bleiben? Inwiefern dürfen Menschen eine der grössten Rohstoffquellen nutzen? Heute wird er zwar mehr geschätzt als nur des Holzes wegen. Er schützt vor Erosion und Lawinen, reinigt Luft und Wasser, dient Menschen zur Erholung und ist zudem ein Ort voller Mythen und Geheimnisse.

Diese Mystik vermittelt der Film in wunderbaren Bildern und mit einem schönen Wald-Epos, dem Bruno Ganz seine einfühlsame Stimme leiht. Er ist inhaltlich und formal wohl einer der gelungensten Naturfilme der letzten Jahre. «Wir haben uns», meint der Produzent, «die grossen BBC Dokumentationen als Vorbild genommen und keinen Aufwand gescheut. Mit Helikopter- und Drohnenaufnahmen, Kamerafahrten und Steadycam wollen wir den Wald auf der grossen Kinoleinwand zu einem spürbaren Erlebnis machen.» Nicht wissenschaftliche Fakten stehen im Vordergrund, sondern der Reichtum und die Schönheit des Waldes, die Ruhe ausstrahlen und Staunen wecken, das die Griechen als Anfang der Philosophie bezeichnet haben. Dies kann vielleicht auch in der heutigen hektischen und informationslastigen Zeit zum Anfang werden für eine überlebenswichtige Haltung der Ehrfurcht der Schöpfung gegenüber.

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Zu sehen ist der Aletschwald mit seinen Arven, die, bis tausend Jahre alt und seit 1933 sich selbst überlassen, einen natürlichen Tod sterben. Oder auf zweitausend Metern Höhe, auf der Südseite des Berninapasses, im Val di Campo ein märchenhafter Lärchen-Arven-Wald, dessen Bäume einen türkisfarbenen Bergsee umgeben. Ebenso im Wald von Wildenstein eine zweihundert Jahre alte Eiche mit langen geschwungenen Ästen, die wie ein unbeweglicher Elefant in der Landschaft steht. Und im Tessin holen sich zu hinterst im Vallemaggia Eschen und Weisserlen das zurück, was ihnen einst gehört hat, und im Dorfe Presa di Sotto überwuchert der Wald die schon lange verlassenen Häuser und verwischt die Spuren der Menschen. Und so weiter und so fort.

Der Film startet im August 2011an Open Airs und kommt anschliessend in die Kinos. Er ist empfehlenswert ab Mittelstufe. Weitere Informationen gibt es auf www.wald-film.ch.