Der Weisse Planet

Wollen wir, dass unsere Schülerinnen und Schüler sich nachhaltig für eine bessere Umwelt einsetzen, brauchen sie begeisternde Erlebnisse, wie sie ein Film wie «Der Weisse Planet», vermittelt.

Wenn man aus dem Weltall auf den Nordpol blickt, erscheint die Erde als weisser Planet mit endlosen Eis- und Schneewüsten, bizarren Gletschern, schroffen Felsen und eingebettet in ein tiefblaues Meer. Der Film «Der Weisse Planet» von Thierry Ragobert und Thierry Piantanida beginnt seinen Streifzug im arktischen Winter. Endlose Polarnächte zwingen die Tiere, Möglichkeiten zum Überleben zu finden. Wir beobachten die Tiere bei ihrer Nahrungssuche und auf ihren langen Wanderungen. Wenn der Frühling beginnt, erwacht die Tierwelt in den Wäldern am Rande der Arktis. Die Raubtiere veranstalten im tiefen Schnee ihre erste Jagd der Saison. Viele Lebewesen ziehen gegen Norden. Wir folgen dem Weg eines verzweifelten jungen Karibus und sehen ein Moschusochsenkalb, das plötzlich einem Rudel hungriger Wölfe gegenüber steht. Wir beobachten die rührende Fürsorge einer Walrossmutter für ihr Junges und erkunden die Welt unter dem Eis, das Wasserballett der Seehunde und die winzigen Krebse, die sich vermehren, sobald die Sonne wiederkehrt. Dann brechen Eisschollen auseinander, und die grossen Wale feiern eine gigantische Party. Wir beobachten kleine Vögel, die noch nicht fliegen können und sich von hohen Klippen herunter plumpsen lassen. Auch als sich ein Polarbärenbaby zum ersten Mal auf das Eis wagt, sind wir Zeuge. Der Herbst beginnt, doch es wird nicht mehr Winter wie früher. Wegen der globalen Erwärmung gibt es in der Arktis jetzt einen verlängerten Altweibersommer, der das Leben der ans ewige Eis gewöhnten Tiere in ihrer Existenz bedroht. Überall gurgelt und plätschert Wasser, riesige Eisblöcke brechen von den Gletschern ab und donnern ins Meer. Die extrem milden Temperaturen sind das erste Anzeichen eines klimatischen Kollapses.

Erleben und Erstaunen – als Anfang eigenen Tuns

In den letzten Monaten war der Film «An Inconvenient Truth» (siehe Schulblatt ../06) in aller Mund. Al Gore brachte darin Informationen, die uns in ihrer geballten Form betroffen machen und zum Handeln herausfordern. Doch haben wir schon gehandelt? Unsere Lebensgewohnheiten geändert? Es scheint, wir brauchen für nachhaltige pädagogische Veränderungen – neben Informationen – immer auch die Emotionen. Diese nicht nur als Angst, sondern auch als Freude. «Der Weisse Planet» begeistert, verzaubert, lässt staunen. Und bekanntlich ist Staunen der Anfang der Weisheit. Wir beginnen, während wir Sequenz um Sequenz in diese fremde Welt eintauchen, diese als ein Meisterwerk zu bewundern und zu lieben, gegen Ende auch zu betrauern, weil wir dran sind, diese zu zerstören. Zum Staunen bringt uns der Film auch durch seine künstlerische Form. Es sind die zum Teil noch nie gezeigten Tiere und Landschaften, die sensationellen Aufnahmen der fünf Kamerateams, die rhythmisierende Montage, der kluge Musikeinsatz, der poetische Erzähler, in der deutschen Fassung Ben, der choralartige Gesang der Inuits, der Ureinwohner. Durch all dies kommt etwas von der Haltung der Forscher und Filmer zu uns herüber und steckt uns an. Will man den «Weissen Planeten» in den Unterricht einbauen, so empfiehlt sich ein exemplarischer Zugang. Mit einem einzigen Film kann man fremde Landschaften und Tiere kennen und verstehen lernen, über das Wunderwerk Natur staunen, einen Film im Gespräch verarbeiten und uns im Glücksfall mit Sinnfragen auseinandersetzen.