Die innere Sicherheit

Seit fünfzehn Jahren leben Clara und Hans (Barbara Auer und Richy Müller) im Untergrund.

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Sie tarnen sich heute zwischen anonymen Touristen an den Atlantikstränden Portugals, weil sie früher ein Tabu gebrochen, eine Tochter gezeugt haben. Jeanne (Julie Hummer), die im Schoss der verschworenen Familie nie die Schule besucht oder den Unterricht geschwänzt hat. Sie sind kurz davor, sich aus der Abkapselung heraus eine halbwegs legale Identität irgendwo in Brasilien zusammen zu basteln, als durch eine Unaufmerksamkeit alles zusammenbricht. Noch einmal müssen sie fliehen. Die Flucht führt sie in gesellschaftliche Randzonen und nach Deutschland. Währenddessen hat Jeanne begonnen, sich zum ersten Mal zu verlieben, was tragisch endet und die Familie zerstört.

Der 1960 geborene Christian Petzold erzählt seine Geschichte des «Deutschen Herbstes» aus der Sicht eines Nachgeborenen. Am Beispiel eines Falles aus der RAF-Zeit zeichnet er Menschen auf der Flucht, schuf er einen Film über das Thema Heimat. - Am 1. August fragen sich jeweils alle Redner, was Heimat sei, und bieten Antworten à la carte. Für viele Menschen ist diese Frage hingeben – in der Umkehrung: als Heimatlosigkeit – Schicksal. Der Film liefert dazu Bilder und eine Geschichte und macht erlebbar, was Worte kaum auszusagen vermögen.

Kein Leben ohne Heimat

Die drei Menschen im Film leben in einer Art Ort-losigkeit. Sie sind auf der Flucht, meist im Auto, zwischendurch in Hotelzimmern, ohne festen Boden unter den Füssen. Menschen-los sind sie, abgekapselt. Sie dürfen mit niemandem sprechen, jedermann könnte sie verraten. Zeit-los ist ihr Leben. Sie handeln in der Vergangenheit und in der Zukunft, nicht aber in der Gegenwart. Geschichts-los ist ihr Alltag, obwohl er historisch situiert wird. Sprach-los ist die Familie. Fremde Sprachen haben sie zu lernen und zu sprechen, um sich durchzuschlagen. Doch keine Sprache bietet ihnen «Heimat» (Martin Heidegger). Heimat-los sind sie, weil über das Damals nicht gesprochen werden darf. Schweigen herrscht: der Grundkonflikt der deutschen Kriegsgeneration ihren Kindern gegenüber (Horst Eberhard Richter). Wenn man mit dem «Losigkeits-Syndrom» schon die Depression definiert hat, dann ist «Die innere Sicherheit» der Film einer gesellschaftlichen Depression.

Die präzisen und dennoch offenen Bilder weisen hinter die Worte. Sie lassen uns erleben, was es für jene heisst, die heimatlos sind. Sie lassen die Heimatlosen ihre Lage vielleicht neu sehen und so möglicherweise auch bessern verändern.