Jaffa The Orange's Clockwork

Seit Jahrzehnten ist die Jaffa-Orange die wohl bekannteste Zitrusfrucht und ein wesentlicher Bestandteil des israelischen Gründungsmythos. Vor allem aber – und das enthüllt Eyal Sivans Dokumentarfilm – ist sie nicht nur reich an Vitaminen, sondern steckt voller Geschichten um Politik, Ökonomie und Manipulation, anhand derer man die Bruchstellen und Gemeinsamkeiten israelischer und arabischer Geschichte betrachten kann.

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Die Ursprünge der Frucht gehen bis ins 19. Jahrhundert zurück, wo diese besondere Orangensorte nahe der Stadt Jaffa vor allem für den Export angebaut wurde. Doch die blühenden Orangenhaine jener Zeit passten nicht so recht ins eurozentristische, kolonialistische und christlich geprägte Bild jener Tage, nach dem vor allem die Araber verantwortlich gemacht wurden für den Verfall des Heiligen Landes. Klar, dass die Erfolgsgeschichte der Jaffa-Orange als Exportschlager in späteren Jahren gerne aus den Geschichtsbüchern getilgt und dem neu gegründeten Staate Israel zugeschrieben wird. Eine Umdeutung der Geschichte, die schließlich zur Vertreibung der bisher erfolgreich agierenden arabischen Orangen-Bauern um Jaffa führte.

Politischer Geschichtsunterricht am Beispiel der Jaffa-Orange

In den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wird die Jaffa-Orange dann endgültig zu einem wesentlichen Bestandteil des nationalen Brand, mit dem der junge Staat Israel weltweit für sich wirbt. Selbst Louis Armstrong und Ingrid Bergman lassen sich mit der Frucht fotografieren. Politische Propaganda und Werbung sind deckungsgleich und werden zu einem wichtigen Teil der Narration des Landes.

Anhand von wenig bekanntem Archivmaterial (Filmen, Plakaten, Posters, Fotos) und mit Hilfe interessanter Gesprächspartner (Bauern sowie palästinensische und israelische Intellektuelle) dekonstruiert der Film den Mythos der Jaffa-Orange und die dahinter versteckten politischen und propagandistischen Ziele.

Die Jaffa-Orange ist für Eyal Sivan, einem der bekanntesten israelischen Dokumentarfilmer und Essayisten, der Ausgangspunkt für eine faszinierende und spannende Reise in die Vergangenheit und Gegenwart des israelisch-palästinensischen Konfliktes. Bei diesem «Meister des Kompilationsfilms», wie ihn der «filmdienst» nennt, bestechen seine Recherchen und Bildanalysen, die er in den jeweiligen historischen und kunstgeschichtlichen Kontext einordnet und so verborgene Intentionen zutage fördert, die man so bislang kaum gesehen hat. Der Film bietet einen faszinierender Blick auf eine harmlose Frucht, die nicht nur voller Vitamine steckt, sondern auch voller Geschichte und Geschichten. Sivan: «Die Geschichte der Jaffa-Orange ist auch die Geschichte der Negation der palästinensischen Realität vor der Staatsgründung Israels 1948».

«The Orange’s Clockwork»: Regie Eval Sivan; Verkauf und Informationen: Momento Distribution; Preis Fr. 30.-, Vorführungen im öffentlichen Raum erfordern eine zusätzliche Gebühr von Fr. 200.- bis 300.-, die mit dem Verleiher zu vereinbaren ist.

In der Schweiz läuft der Film im Kino Xenix in Zürich am Sonntag, 6., 13., 20. und 27. März, jeweils um 12 Uhr. Die Aufführungen in Deutschland sind auf der Website von Momento Distribution ersichtlich.