Lola

Zwei Grossmütter kämpfen ums Überleben

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Der philippinische Spielfilm «Lola», in dem es fast immer nur regnet und stürmt, schildert den Kampf von zwei Grossmüttern ums Überleben und ums Leben: das eigene und das der Familie. Das starke Dokument eines realistischen und pragmatischen Humanismus aus dem Osten dürfte auch für Menschen im Westen gültig sein.

Grossmutter Sepas Enkel wurde bei einer Gewalttat getötet; Grossmutter Purings Enkel war der Täter. Die beiden Grossmütter (Lolas), durch das Unglück schicksalhaft miteinander verbunden, zeigen im Spielfilm des philippinischen Regisseurs Brillante Mendoza, was Grossmütter zu leisten im Stande sind.

Für Trauer und Wut bleibt Lola Sepa wenig Zeit, denn sie muss sich um das Begräbnis kümmern. Aus armen Verhältnissen stammend, kann sich die Familie weder die Strafverfolgung auf dem Rechtsweg leisten, noch einen Sarg bezahlen. Sie ist sogar bereit, ihre Rente zu verbürgen, um ihrem geliebten Grosskind ein würdiges Begräbnis zu ermöglichen und ihm ansatzweise Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Lola Puring will ihren Enkel Mateo aus dem Gefängnis holen. Jedes Mal, wenn sie ihn dort besucht und ihm Essen bringt, bricht es ihr das Herz, ihn zusammen mit unzähligen andern Gefangenen hinter Gittern dahinvegetieren zu sehen. Das Geld für einen Vergleich bettelt sie trickreich zusammen. Erstmals an der Gerichtsverhandlung sitzen sich die beiden Grossmütter gegenüber. Beide sind alt, arm und gebrechlich, doch entschlossen, alles für ihre Enkel zu tun, was in ihrer Macht liegt.

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Der Film basiert auf der wahren Geschichte eines Verbrechens zwischen zwei Enkeln. «Ich siedelte sie nicht nur in der Regenzeit an, um zu zeigen, wie hart das Leben in den überschwemmten Gebieten Manilas ist, sondern auch, um eine düstere Stimmung und die Gefühle der kämpfenden Hauptfiguren wiederzugeben. Filipinos sind im Grunde Kämpfernaturen, sie betrachten Nöte als Teil des Lebens, bleiben aber dennoch hoffnungsvoll. Sie versuchen, im Gebet Frieden und Trost zu finden», meint Mendoza. Durch seine künstlerische Umsetzung der Geschichte schuf er, mit entfesselter Kamera, die mitreisst, mit Musikeisätzen, die berühren und deuten, ein ergreifendes Monument der Humanität. «Unsere Menschlichkeit», fügt er bei, «kann am Grad der Gerechtigkeit gemessen werden. In „Lola“ stellt ein Verbrechen die Stärken und Schwächen von zwei älteren Frauen einander gegenüber und auf die Probe. Die eine beweist ihre Stärke, die andere ihre Schwäche. Die beiden Eigenschaften halten sich die Waage.»

Ein Wert, als alter Mensch gebraucht zu werden

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Als eines der gravierenden Probleme alter Menschen erweist sich bei uns immer wieder ihre subjektiv erlebte Funktionslosigkeit, dass sie nicht mehr gebraucht werden, keine Rolle mehr spielen, keine Aufgabe mehr haben. Man übersieht sie, rechnet nicht mit ihnen. Der Film «Lola» zeigt ein anderes Bild von Alt-Sein. Hier haben zwei Grossmütter eine Funktion, eine Rolle, eine Aufgabe in der Familie und in der Gesellschaft. Sie nützen etwas, werden gebraucht. Hier erhalten sie oder besser, übernehmen sie eine für sie eine Aufgabe, eine Rolle, eine Funktion. «In „Lola“ wird die Menschlichkeit zweier Grossmütter auf die Probe gestellt, nicht wegen ihrer eigenen Bedürfnisse, sondern wegen der Nöte ihrer Nächsten», meint der Filmemacher. Dies zeigt er uns in einem Werk voll mitreissender Dynamik, mit Bildern eindringlicher Schönheit. Dass von Anfang bis Schluss das Geld eine zentrale Rolle spielt, ist in der im Land herrschenden materiellen Armut begründet, welche die Menschen zwar darben und sich sorgen, doch niemals ihre Menschenwürde in Frage stellen lässt.

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Der Ausgang des Justizfalles in Form eines Vergleichs hängt vom Engagement und von der Liebe der beiden Grossmütter ab. Ihr Einsatz ist notwendig, existenziell. «Ich werde gebraucht, also bin ich», könnte, in Analogie zum Satz von Thomas von Aquin, «Ich werde geliebt, also bin ich», das Geschehen deuten. Auch in Armut mit Würde zu leben, darum geht es im Film. Dass Grossmütter und nicht Grossväter dies erwirken, bestätigt, dass es im Allgemeinen doch meist die Frauen sind, die bei den wirklich entscheidenden Dingen des Lebens ihren Part spielen und Strategien für die Lösung der Probleme finden. «Lola» erbringt zudem den Beweis, dass Lösungen nur möglich sind, wo das Verbindende das Trennende überwindet.

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