Nebelgrind

«Nebelgrind», eine berührende TV-Geschichte über Alzheimer

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Die drei Hauptprotagonisten: Rebecca Indermauer, martin Rapold und Peer Freiburghaus (v.l.n.r.)

Bauer Jürg kann es nicht glauben: Seiner Frau Fränzi platzt der Kragen, und sie überlässt ihm für zwei Wochen den Hof, die Kinder und vor allem seinen «vergesslichen» Vater Karli.

Bald wird Jürg (Martin Rapold) indes bewusst, dass Fränzi (Rebecca Indermaur) Recht hatte und sein betagter Vater (Peter Freiburghaus) nicht einfach älter wird, sondern an Alzheimer erkrankt ist. Karli kann sich nicht mehr alleine anziehen, also bleibt er einfach im Pyjama. Er vergisst, dass er seiner Enkelin Toni erst gerade einen Batzen an ein neues Töffli gegeben hat, und mit Enkel Jonas unternimmt er lange, nicht ungefährliche Ausflüge. Jürg steht vor der Herausforderung seines Lebens. Denn eines will er ganz sicher nicht, dass sein Vater in ein Heim gehen muss. Der Vater gibt immer mehr ab und ist doch noch ganz unternehmungslustig. Der Sohn muss schmerzhaft lernen, was das heisst.

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Jürg will es nicht wahrhaben, dass sein Vater Alzheimer hat.

Gemäss ernst zu nehmenden Untersuchungen aus der Schweiz und Annahmen aus vergleichbaren europäischen Ländern durch die Schweizerische Alzheimervereinigung sind heute in der Schweiz über 100‘000 Menschen an Alzheimer oder andern Formen von Demenz erkrankt. In zehn Jahren werden es voraussichtlich 150‘000 sein. Und in dreissig Jahren werden angesichts der demografischen Entwicklung rund 300‘000 davon betroffen sein. Hunderttausende Angehörige und Pflegefachpersonen werden mit ihrer Betreuung und Pflege beschäftigt sein.

Soweit der statistische Hintergrund für die Geschichte vom „Nebelgrind“, die von einem einzelnen Fall glaubhaft und nachvollziehbar erzählt. Sechsstellige Zahlen von kranken Menschen sind kaum nachvollziehbar, erlebbar. Darum ist es wichtig, dass wir, neben den harten Fakten, auch immer wieder Einzelgeschichten erleben und versuchen, sie für wahr zu nehmen. Für ein individuelles Handeln, sei es im kleinen und persönlichen Kreis, wo Menschen sich oft darum herum schwindeln, oder im grossen und politischen Umfeld, wo die Konsequenzen dieser Krankenzahlen noch zu keinen Handlungsstrategie geführt haben, ist die persönliche Betroffenheit nötig. Und genau diesen ersten Schritt, die Sensibilisierung und Problematisierung, leistet dieser Film, der nicht tiefschürfend analysiert und hinterfrägt, sondern glaubwürdig und menschenfreundlich beobachtet und erzählt, wie es sich so ereignen könnte.

Die berührende Geschichte ist eine adäquate Inszenierung für ein breites Fernsehpublikum am Sonntagabend. Josy Meier und Eveline Stähelin haben sie geschrieben, Martin Rapold, Rebecca Indermaur und allen voran Peter Freiburghaus in den Hauptrollen unter der einfühlsamen Regie von Barbara Kulcsar eindrücklich gespielt sowie von Pierre Mennel adäquat fotografiert und von Balz Bachmann mit musikalischen Akzenten versehen. Der Inszenierung ist es gelungen, alles Wesentliche der Krankheit zu zeigen, ohne dabei didaktisch zu wirken.

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Die ganze Familie ist in den Krankheitsprozess involviert.

Zusätzlich drei Rundschau-Sendungen zum Thema Alzheimer

Am Mittwoch, 4., 11. und 18. April 2012, je um 21:00 Uhr, bringt SF 1 in der «Rundschau» eine dreiteilig Serie mit dem Titel „Demenz – die Volkskrankheit“. In diesen Sendungen werden drei demente Menschen porträtiert und kommen Familienangehörige zu Worte, die nicht nur mit dem allmählichen Entschwinden eines geliebten Menschen kämpfen, sondern auch mit der Schwierigkeit, die Kranken adäquat zu betreuen.

Guido Högger ist erst 59-jährig, war früher IT-Spezialist, und ist heute vollkommen unselbständig. Seine Frau und die drei Kinder müssen zu ihm schauen, für eine externe Betreuung reicht das Geld nicht. Walter Uhlmann, 65-jährig, hat den Zwang, täglich 30 Kilometer rennen zu müssen, was seine Tochter dank GPS-Gerät überwacht. Und der 82-jährige Jos Fischer wurde von seiner gleichaltrigen Frau gepflegt, jetzt muss er ins Heim. Kostenpunkt 10