Papst Franziskus. Ein Mann seines Wortes

Wim Wenders schuf einen Film über, mit und für Papst Franziskus, und gleichzeitig mehr. Für Gläubige oder Ungläubige: Diesen Film ansehen und sich damit auseinandersetzen, lohnt sich.
Papst Franziskus. Ein Mann seines Wortes

Ein Mensch, der zuhört und berührt

Selten ist bei mir während eines Films so viel passiert wie bei «Papst Franziskus. Ein Mann seines Wortes». Das ist meine private Geschichte. Doch ich denke, auch bei andern könnte Ähnliches passieren. Wim Wenders begleitet Papst Franziskus auf seinen Reisen. Im Zentrum des dabei entstandenen Porträts stehen die Gedanken des Papstes, seine ihm wichtigen Themen, aber auch die aktuellen Fragen zu den globalen Herausforderungen und seine innerkirchlichen Reformbestrebungen. Eine Neunzigminutenpredigt sei der Film, hat jemand geschrieben. Das kann man sagen; doch was für eine Predigt!

NACH DER JÜNGSTEN ZUSAMMENKUNFT ZUM MISSBAUCHS-THEMA IN ROM WOLLTE ICH SPONTAN MEINE BESPRECHUNG DES FILMS ÜBER PAPST FRANZISKUS VON WIM WENDERS LÖSCHEN. DENN ICH BIN EMPÖRT ÜBER DIE BORNIERTHEIT DES VATIKANS UND DES PAPSTES.
DOCH ICH LASSE SIE JETZT STEHEN, SOZUSAGEN ALS DOKUMENT. ES SOLL ZEIGEN, WIE WENDERS DEM PAPST AUF DEN LEIM GEKROCHEN IST, ABER AUCH, WIE ICH MICH MANIPULIEREN LIESS.

Pope Francis A Man of His Word   Szenen   04 Scene Picture

Nach seiner Wahl, auf der Loggia des Petersdoms

Das visuelle Konzept des Filmes vermittelt uns Zuschauenden den Papst von Angesicht zu Angesicht. Dabei entsteht auf der Leinwand mehr als ein Porträt: ein berührendes Gespräch zwischen ihm und mir, zwischen ihm und der Welt, ein Diskurs über die Welt in ihrer Schönheit, vor allem aber ihrem Elend. Franziskus teilt uns die Vision der Kirche mit, wie sie bereits Franz von Assisi hatte: eine tiefe Sorge um die Armen, die Flüchtlinge, die Umwelt und seine Sehnsucht nach Gerechtigkeit und sein Engagement für den Frieden, auch zwischen den Weltreligionen. Visionen sind es, für die er sich glaubwürdig engagiert.

Pope Francis A Man of His Word   Szenen   07 Pope Francis

Gefangene segnend und tröstend

Der gläubige, der Ökumene verpflichtete Wim Wenders erhielt vor Jahren vom Vatikan die Anfrage, ob er sich mal überlegen könne, einen Film über den Papst zu machen. Nach längerem Überlegen und Verhandeln ist schliesslich mit einem kleinen Budget ein unabhängiger, persönlicher Dokumentarfilm entstanden, in einer Zeit, in der das Misstrauen gegenüber Politikern und Institutionen gross ist und Lügen und «alternative Fakten» unser Leben bestimmen. Dieses Dokument des aktuellen Zustandes der Welt bietet eine intensive Begegnung mit einem Menschen, wie wir sie wohl nur sehr selten im Leben haben. Bei den vielen Antworten, die der Papst in seinen Reden gibt, sind Versprecher verzeihbar, etwa dass er Machismus und Feminismus einander gleichsetzt, da beide einseitig seien.

Pope Francis A Man of His Word   Szenen   10 Pope Francis

Franziskus, überall von Massen empfangen

«Papst Franziskus. Ein Mann seines Wortes» entstand in einer aussergewöhnlichen Zusammenarbeit mit dem Vatikan. Für Wim Wenders, dessen Dokumentarfilme «Buena Vista Social Club», «Pina Pausch» und «Das Salz der Erde», aber auch «Paris Texas» und «Der Himmel über Berlin» ihm einen prominenten Platz in der Filmgeschichte einräumen, öffnete der Vatikan nicht nur seine Archive, sondern erlaubte ihm auch die Verwendung von eigenem exklusivem Bildmaterial. Der Pontifex bot Wenders vier Audienzen an, die der Regisseur so gestaltete, dass wir glauben, wir werden von ihm direkt angesprochen. Kurze schwarzweisse Spielszenen über das Leben des Ordensgründers, dem Verfasser des Sonnengesangs, verweisen auf den Ursprung des Denkens und Handelns des heutigen Papstes.

Pope Francis A Man of His Word   Szenen   06 Scene Picture

Mit grossen und kleinen Gesten

Die Begegnung mit dem Papst während des Films wird wohl, je nach dem eigenen Fokus und der eigenen Vergangenheit, für jeden Zuschauer, jede Zuschauerin anders sein. Als menschenfreundlich, als engagiert fürs Gemeinwohl, als empathisch für Ausgestossene werden ihn wohl die meisten erleben. Als Persönlichkeit von grosser Authentizität und Glaubwürdigkeit, als einen Mann, der lebt, was er predigt, dem die Menschen aller Glaubensrichtungen und unterschiedlichsten Kulturen Vertrauen schenken.

Auf die Frage nach dem Zielpublikum des Films antwortet Wenders in einem Interview: Der Film ist «für Menschen, die wollen, dass sich etwas verändert, im Hinterkopf noch guten Willens sind». Für mich ist es ein Film, der geerdet und gleichzeitig spirituell ist.

Gespräch mit Wim Winders
Regie: Wim Wenders, Produktion: 2017, Länge: 96 min, Verleih: Universal Pictures