Srebrenica 360º

Das schlimmste Massaker

1995 ermordeten serbische Nationalisten in Srebrenica 8000 Muslime. Ein Ereignis, das sich auch bei hiesigen Schülerinnen und Schülern aus jener Gegend eingegraben hat. Der Film «Srebrenica 360°» kämpft gegen das Vergessen an – und kann zum besseren Verständnis der jüngsten Geschichte beitragen.

Das schlimmste Massaker

In der Gegend von Srebrenica wurden im Juli 1995 8’000 Bosniaken, vor allem Männer und Jungen zwischen 12 und 77 Jahren, getötet. Über mehrere Tage zog sich, im Angesicht der ganzen Weltöffentlichkeit, das Massaker hin. Tausende von Leichen begrub man in Massengräbern, mit Umbettungen versuchte man die Taten zu verschleiern. Von den Verantwortlichen, dem Serbenführer Radovan Karadžić und dem General Ratko Mladić, ist bis heute keiner verurteilt: Der eine boykottiert in Den Haag den Prozess, der andere lebt unbehelligt in Serbien. Die Ereignisse von Srebrenica gelten als das schlimmste Massaker in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Das UN-Gericht klassifizierte es als Völkermord, denn die Verbrechen erfolgten nicht spontan, sondern wurden systematisch geplant und durchgeführt.

Die Aufarbeitung dort…

Der Dokumentarfilm «Srebrenica 360°» gibt Frauen und Männern aus Srebrenica das Wort. Diese erzählen vom harten Leben, von der Arbeitslosigkeit, der Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben und ihrer Sehnsucht nach Gerechtigkeit. Ihre Aussagen werden zu einem Gesamtporträt eines Landes nach einem Krieg. Nicht Rache erfüllt sie, wenn sie zurückblicken, sondern Trauer.

Der Film schweift nicht ab ins Allgemeine, die offizielle Geschichte, sondern bleibt im Sinne der «oral history» bei den Betroffenen und ihren Geschichten. Der Titel «Srebrenica 360º» verweist wohl darauf, dass alles von Neuem beginnen muss, wenn die Zukunft lebenswert sein soll, was im Land viele erhoffen und anstreben, wenigen noch nicht akzeptieren können.

… und in der Schweiz

Ob nicht auch bei uns eine Umkehr nötig ist? Zum Beispiel ein Nein vom Aberglauben, dass Militär und Kriege Probleme lösen, ein Ja zur Utopie einer Welt ohne Soldaten und Armeen? Vielleicht ergeben sich in der Diskussion noch andere Antworten. Etwa dass bereits in der Schule zwischen den Angehörigen der verschiedenen Kulturen und Ethnien mehr Friede herrschen sollte.

Wenn es in der Klasse – ab Sekundarstufe 1 – Schülerinnen und Schüler gibt, die einen direkten oder indirekten Bezug zu Srebrenica haben, so bietet der Film eine ausgezeichnete Gelegenheit, sich mit dieser Geschichte auseinander zu setzen. Das verlangt von den Lehrpersonen grosses Einfühlungsvermögen. So wäre zu fragen, was Jugendliche aus dem Balkan vertragen, was Jugendliche aus der Schweiz verstehen. Weshalb man den Film unbedingt vorvisionieren und sich zusätzlich mit dem Thema vertraut machen sollte.

Der Film ist 55 Minuten, bosnisch, deutsch und englisch gesprochen, mit deutschen Untertiteln. Konzept und Recherchen Renate Metzger-Breitenfellner, Regie und Kamera Conny Kipfer, Produktion cadrage GmbH. Preis der DVD Fr. 30.-. Bezug bei www.cadragegmbh.ch.

Für grössere Veranstaltungen, etwa mit einer ganzen Schule und/oder Pfarrei, mit einem Zusatzprogramm und/oder in Zusammenarbeit mit lokalen Hilfsorganisationen, empfiehlt sich ein Kontakt mit Renate Metzger-Breitenfellner, Kirchweg 7, 6375 Beckenried, 041 620 42 62 oder 079 459 09 90, renate.metzger@remeb.ch.

Das Wiederaufbauprojekt «Hilfe für Milena» kann, wenn man das Thema eingehend behandelt, ebenfalls in den Unterricht einbezogen werden. Denn helfen können, das zeigt sich immer wieder, erweist sich als die beste Antwort auf erfahrenes Leid. Und dafür können sich Jugendliche begeistern.

Als vorgängige Lektüre empfiehlt sich das Buch «Das Leben kann nicht warten. Junge Frauen aus Srebrenica» von Renate Metzger-Breitenfellner und Jutta Vogel. 150 Seiten, Fr. 29.80. Es enthält neun eindringliche Porträts von Frauen aus Srebrenica und drei informative Zusatzaufsätze. Texte, die sich für die Einführung, Vertiefung und Gruppenarbeit eignen. Erhältlich unter ISBN 3-7252-0825-5.