Sternenberg

Nur selten ist ein Klassenzimmer der Ort der Handlung und eine Schule das Thema eines Kinofilms.

Häufiger sind es Gerichtssäle, Bars, Schlafzimmer, Büroräume, Strassenschluchten oder irreale Science-Fiction-Welten. «Sternenberg» des 46-jährigen Schweizers Christoph Schaub handelt von einer Schule, die geschlossen werden soll, einer Lehrerin, die sich wehrt, einer Schul- und einer Gemeindebehörde, die sich bekämpft. Und dies alles im Stile eines «Wohlfühlfilmes».

Franz Engi (Mathias Gnädinger) kommt nach über dreissig Jahren aus dem Ausland ins Dorf seiner Kindheit zurück. Dabei muss er feststellen, dass sich vieles verändert hat. Es leben nur noch wenige Familien mit Kindern am Ort, weshalb die Schule geschlossen werden soll. Er ist schockiert, die Schliessung hätte für ihn eine ganz besondere Bedeutung. Denn die Lehrerin Eva (Sara Capretti), das enthüllt ihm der Gemeindepräsident (Walo Lüönd), ist seine Tochter. Noch traut er sich nicht, ihr das zu sagen. Um zu helfen und ihr gleichzeitig näher zu kommen, beschliesst er, sich als Schüler einzutragen. Dabei freundet er sich mit ihr immer mehr an. Doch bis er ihr sagen kann, wer er wirklich ist, muss noch viel geschehen.

Ein Schweizer Märchen...

Die Geschichte der Schule und der langsamen Annäherung des Vaters an seine Tochter ist geschickt verwoben mit der Geschichte von Eva, die sich von ihrem Schulinspektor, einem verheirateten Mann, von dem sie sich für gelegentliche Schäferstündchen ins Hotel einladen lässt, und von der Geschichte ihrer sich anbahnenden Sympathie für den Arzt eines ihrer Kinder.

Ein Kritiker nennt den Film «absehbar»; als ob Märchen nicht immer absehbar wären und gerade diese Absehbarkeit dem Publikum das schöne Gefühl vermittelt, «draus zu kommen», im Film drin zu sein. Ein anderer bezeichnet ihn als «altbacken», als ob das nicht hiesse, dass er auch einem älteren Publikum gefällt. Wieder ein anderer nennt ihn «gut schweizerisch», als ob das nicht auch ein Qualitätszeichen sein kann. Zugegeben: Der Film hat nicht das Tempo eines modernen Actionfilms und auch nicht die ästhetische Komplexität und Ambitioniertheit eines Kunstfilms. Doch sollten nicht auch solche Filme einen Platz im Schweizer Filmschaffen haben? Einen «Heimatfilm» hat man ihn auch schon genannt. Wenn es nicht despektierlich, sondern positiv verstanden wird, verstehe ich ihn gern als solchen. Denn er zeigt ein kleines Stück Schweiz – und dies in Form eines Märchens, das sein Publikum lächeln lässt.

Das Drehbuch von Micha Lewinsky ist stimmig, die Regie routiniert und präzis, die Schauspieler sind, vor allem Gnädinger und Capretti, doch auch alle andern überdurchschnittlich.

... für Familien und Schulklassen

«Sternenberg» wurde fürs Fernsehen geplant, dann aber, des erwarteten Erfolges wegen, zuerst ins Kino gebracht. Im Fernsehen wird er später gezeigt. Im Kino ist er ab sechs Jahren frei gegeben und eignet sich durchaus für ein paar Lektionen Medienerziehung auf der Mittelstufe. Man kann ihn in der Klasse besprechen oder von den Kindern Kritiken schreiben lassen. So kann die Leichtigkeit des Films in der Verarbeitung im Gespräch durchaus eine Vertiefung erfahren.

Ein Kinovergnügen für die Familie und die Klasse! Wer beim Familienausflug oder an der Schulreise das wirkliche Sternenberg (www.sternenberg.ch) besuchen will, begibt sich ins Tössbergland, zwischen Tösstal, Hinterthurgau und Toggenburg. Die Gemeindegrenze stösst im Osten im «Dreiländereck» gegen die Kantone St. Gallen und Thurgau. Dass die Schule im realen Sternenberg, wie jene an vielen andern Orten, die gleichen Probleme hat wie jene im Film, zeigt, dass der Film authentisch und aktuell ist. In Sternenberg gibt es auch nur noch 35 Schulkinder, gerade genug für zwei Klassen...