The Queen & I

Dokumentarfilm über die Ex-Kaiserin Farah Diba Pahlavi, realisiert von der ehemaligen Regimegegnerin Nahid Persson Servastani. Höchst interessanter Versuch einer Wahrheitssuche aus gegensätzlichen Positionen.

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Beinahe dreissig Jahre nachdem die iranische Filmemacherin Nahid Persson Servastani an der islamischen Revolution und am Umsturz des Sha-Regimes teilgenommen hatte, entschloss sie sich, einen Film über die Ex-Kaiserin Farah Diba Pahlavi zu realisieren. Die Ausgangslage war klar: Die heute in Schweden lebende Exil-Iranerin erwartete, auf ihr exaktes Gegenteil zu treffen. Denn sie wuchs in bitterster Armut auf, und die Schah-Hochzeit wirkte auf sie als kleines Mädchen wie eine Geschichte aus einem Märchen. Als Teenager schloss sie sich denn auch Khomeinis kommunistischer Revolutionsbewegung an. Doch schon bald nach der Machtergreifung brach Khomeini sein Demokratieversprechen und verhängte noch härtere Massnahmen als unter der Sha-Herrschaft üblich. Ihr Bruder Rostam wurde erhängt, sie selbst sah sich gezwungen, aus dem Iran zu fliehen

Von der Gegnerschaft zur Freundschaft

Auch dreissig Jahre später sind diese Erlebnisse noch immer nicht ganz verdaut. Die Filmemacherin entschliesst sich, direkt zur Quelle der ihr Leben prägenden Erfahrung zu gehen und entschliesst sich, Farah Diba Pahlavi zu treffen. Zu ihrer Überraschung wird sie nicht nur empfangen, sondern auch als Schicksalsgefährtin im Exil begrüsst. Während der kommenden zwei Jahre dringt Persson Servastani immer mehr in die Welt der Ex-Kaiserin ein – mit dem Ziel, die Ideologie des Schahs zu demonstrieren. Doch die Eindeutigkeit ihres Vorhabens wird mehrdeutig, vielschichtig, differenziert und widersprüchlich. Die Regisseurin beginnt mehr und mehr auch ihre eigene Ideologie zu hinterfragen. Dieser Prozess und der Versuch, die Haltung des Gegenüber zu verstehen oder zumindest nachzuvollziehen, führt zu einem unterwarteten Ergebnis: Langsam entsteht zwischen den beiden Frauen eine Freundschaft.

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Wahrheitssuche mit offenem Ausgang

Wie nur wenige andere Filme bietet «Farah Pahlavi – The Queen & I» die fundamentale Erfahrung und den Diskurs darüber, wie schwierig, ja eigentlich unmöglich es ist, «objektiv» zu filmen. Nahid Persson Servastani ging mit einer These an die Filmarbeit, nämlich die Ideologie des Shas zu demonstrieren und zu demontieren. Doch die Wahl der ehemaligen Kaiserin als Gesprächspartner stellte dies bereits in Frage. Mit dem Beizug einiger noch lebender Opfer seines Regimes, durch die Ergänzung mit historischen Aufnahmen sowie mit Aussagen aus der heutigen Verehrergemeinde des Shas wurde dies relativiert, wurde es subjektiv.

Indem die nach Schweden emigrierte Regisseurin ihre eigene Lebensgeschichte und die ihrer Familie einbringt, wird alles in hohem Masse mehrschichtig und komplex. Indem sie beim Drehen stets auch ihre aktuellen Überlegungen und ihre momentane Befindlichkeit einbringt, erhält der Film eine besondere Faszination, schafft Identifikation, löst Betroffenheit aus – wird gerade nochmals komplexer, aber auch über die konkreten Ereignisse in Persien hinaus bedeutungsvoll und allgemein gültig.

Indem der Film einen historischen Bogen schlägt von der Sha-Ära, über die Revolutions-Zeit, die Islamische Khomeini-Phase bis in die Gegenwart, macht er bei uns vieles aus jener Zeit einsichtig und verständlich. Was nicht heisst, dass auch hier eine Auswahl getroffen wurde, ideologisch, weil Glauben immer vor dem Wissen wirkt, technisch, weil jeder Film seine finanziellen und produktionellen Grenzen hat.

Alles in allem: Ein ausgezeichneter Film, der erlebbar und verstehbar macht, dass kein Dokumentarfilm, obwohl immer wieder gefordert, dem Anspruch auf «Objektivität» gerecht wird. Auf den Punkt brachte dies der verstorbene Salzburger Medienpädagoge Franz Zöchbauer, indem er schrieb: «Es ist nichts so subjektiv wie das Objektiv einer Kamera.»

Analog und frei nach dem Satz von Sören Kierkegaard «Wenn Franz etwas über Fritz sagt, sagt Franz mehr über Franz als über Fritz», sagt dieser Film auch mehr aus über die Arbeit des Filmens denn über das Objekt des Films, die iranische Ex-Kaiserin Farah Diba Pahlavi. Über das Filmen hinaus, zeigt der Film auch auf, dass jede Suche nach Wahrheit enorm schwierig ist und eigentlich nie zu einem Ende führt, sondern immer ein «Work in Progress» bleibt, auf dem Wege ist.