Planet HORA

Eine verrückte Hora-Reise ins Weltall: Die Menschen vom Theater HORA haben über den Sinn des Arbeitens nachgedacht; entstanden ist dabei der verrückte Nach-Corona-Science-Fiction-Film «Planet Hora», der uns gut im lustvollen Verkehrtherumdenken schwelgen lässt.
Planet HORA

In der Gruppe spielen ist das Grösste

Das Theater HORA gibt es schon lange. Es steht für einen anderen Blick auf die Welt und anderes Wahrnehmen von Raum und Zeit. Was passiert, wenn die Horas nach dem Sinn des Arbeitens und dahinter nach dem Zusammenleben fragen? Sie schlagen uns eine Reise ins Weltall vor: zu den Galaxien und Planeten, den Aliens und Robotern, wo Bürokraten, Philosophen, Arbeiter und Menschen leben, die Besseres zu tun haben als bloss einer Arbeit nachzugehen. Die Horas, diese IV-zertifizierten Schauspielerinnen und Schauspieler mit geistiger Behinderung, versprechen uns neue Erkenntnisse zum Thema Arbeit, gewonnen beim Träumen und Fantasieren, Spielen und Tanzen.

«Planet Hora» war als Theaterstück geplant, wurde aber nie als ein solches aufgeführt, sondern wegen der Pandemie von Anfang an als Film inszeniert. Im Rahmen des Theater Spektakel 2021 wurde er als Open Air gezeigt, anschliessend im Online-Steam angeboten, in der Roten Fabrik wiederholt – und kommt jetzt ins Kino.

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Yanna und Stephen vor Elena, ihrem Weltraum-Guide

Mitspielende der Weltraumreise sind Noha Badir, Remo Beuggert, Gianni Blumer, Andy Böni, Matthias Brücker, Cécile Creuzburg, Caitlin Friedly, Robin Gilly, Simone Gisler, Nikolai Gralak, Matthias Grandjean, Julia Häusermann, Lucas Maurer, Serafin Michel, Tiziana Pagliaro, Yanna Rüger, Fredi Senn, Stephan Stock, Simon Stuber, Fabienne Villiger sowie die Hora Band mit Denise Wick Ross, Dr. Vree, Enrico Rizzi, Lukas Selinger, Roli Strobel und Dario Zanni – im Hintergrund motiviert und dirigiert von der Regie-Crew mit Yanna Rüger, Stephan Stock und Heta Multanen.

Entstanden ist eine Action-pur-Komödie im Hora-Stil, ein unterhaltsames Chaos-Theater, realisiert mit seinen zehn festen Mitarbeitenden, achtzehn Schauspielerinnen und Schauspielern und einer Band.


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Auf Augenhöhe reden und zuhören


Wovon handelt der Film?


Die Menschen des Theater HORA haben lange darüber nachgedacht, was Arbeit ist, und diskutiert, wie sie arbeiten und leben möchten. Daraus ist ein Science-Fiction-Film entstanden, indem es möglich ist, zu Planeten und Sternen zu fliegen, tolle Kostüme zu tragen, Humor und Horror zu zelebrieren und frei und lustvoll darüber nachdenken zu können, wie Arbeit, wie wir sie tagtäglich praktizieren, noch anders sein könnte. Dafür haben die Horas diesen Film gemacht und ein Manifest geschrieben, das im Abspann herunterscrollt.

Im Film gibt es zwei Menschen, die drauflos arbeiten, ohne zu wissen, weshalb und wozu, und unglücklich sind. Deshalb gehen sie ins Reisebüro Aroh und buchen einen Urlaub im All, eine Reise zu den Planeten Ram, Urus, Non Signal Börse und Fortunam und hoffen, Neues zu erfahren, um später anders arbeiten und leben zu können und schliesslich glücklicher werden.
 
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«Space Odyssey» à la Hora


Was ist das Theater HORA?


Gegründet wurde das Theater HORA 1993 vom Regisseur und Theaterpädagogen Michael Elber. Er wurde später von Nele Jahnke und Stephan Stock und Yanna Rüger abgelöst. Im Jahr 2002 wurde es Teil der Stiftung Züriwerk, wo seither alle Hora-Mitglieder festangestellt sind. 2005 kam als zweite Abteilung die Hora Band unter der Leitung von Roli Strobel hinzu, 2009 die Hora-Schauspiel-Berufsausbildung für Menschen mit Behinderung unter der Leitung von Urs Beeler. Zwischen 1995 und 2013 veranstalte das Theater neun internationale Kulturfestivals, ab 2007 unter dem Label «Okkupation!» im Bereich Kunst und Behinderung. Gesamtleiter von Hora ist jetzt Curdin Casutt. Ab 2013 gibt es die Hora-Produktion «Disable Theater», entstanden in Zusammenarbeit mit dem französischen Choreografen Jérȏme Bel, mit dem sie zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurden und mit 150 Vorstellungen von Brüssel bis Brasilien tourten. Dabei erhielt Julia Häusermann den renommierten Alfred-Kerr-Darstellerpreis für ihre Leistung als Hora-Schauspielerin. Neben Co-Produktionen mit namhaften Vertretern der nationalen und internationalen Tanz-, Theater- und Performance-Szene rückte ab 2013 das Langzeitprojekt «Freie Republik Hora», ein Labor für eigene Regie-, Choreografie- und Performancearbeiten geistig behinderter Bühnenkünstler, ins Zentrum: es wurde inzwischen sistiert.

Zur Veranschaulichung ein Rückblick auf frühere Beiträge zum Thema:
«Theater HORA, das andere Theater», «Hora-"supplement"»https://hanspeter.stalder.ch/dossiers/kultur/hora-supplement «"Quasimodo geniti" – ein modernes Mysterienspiel», «Okkuation! - ein Festival der besonderen Art», «menschen formen».

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Auch die Hora Band ist von der Partie


Das Theater HORA-Manifest

 

  1. Unterstütze und respektiere dich selbst und die andern.
  2. Jeder Mensch hat seine eigene Zeit.
  3. Glaube an die Kraft der Unterschiede.
  4. Feiere Fehler! Geniesse Absurdität.
  5. Habe den Mut, anders zu sein, in deiner Weltsicht, deiner Kunst, deinen Ideen.
  6. Geduld ist Trumpf.
  7. Pflege unseren Raum als einen sicheren Raum. Setz dich ein gegen Diskriminierung, Rassismus, Sexismus.
  8. Mach Pausen.
  9. Es soll immer eine Zeit geben, um über deine Bedürfnisse zu sprechen.
  10. Höre anderen zu, so wie du willst, dass sie dir zuhören.
  11. Respektiere Grenzen. Nein heisst nein.
  12. Versuche, neuen Ideen, Menschen und Situationen offen zu begegnen.
  13. Achte darauf, dass die Wassermenge die Beckengrösse nicht übersteigt.
  14. Einer für alle, alle für einen, sei solidarisch mit dem Team.
  15. Verliere nie den Humor!


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Im Weltall oder eventuell doch bei Zürich

Antworten auf Fragen, Fragen auf Antworten


Arbeit, ein Wort, das ein einfaches und doch unendlich komplexes Lebensmodell beschreibt, ist in unserer westlichen Gesellschaft ein kaum hinterfragter Lebensmittelpunkt. Wir müssen arbeiten, etwas verdienen. Arbeit ist Identität, Überleben, Stress, Zeitmanagement, Struktur, ist Liebe. Arbeiten ist etwa, wofür man Geld, Essen oder Anerkennung bekommt, wenn man Glück hat. Für manche Menschen ist es jedoch schon Arbeit, mit sich selbst klarzukommen.

Seit dem Sommer 2020 gibt es im Theater HORA die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Stephan Stock, Yanna Rüger, Oliver Roth und Fiona Schmid. Sie wachsen mit den alten als Team zusammen, suchen neue Formen der Zusammenarbeit. Als erstes Projekt der neuen künstlerischen Leitung von Stephan und Yanna nehmen sie sich Zeit, mit dem Ensemble darüber nachzudenken, wie sie zusammenarbeiten und ein gutes Leben führen können. Sie fragen: Wie viel Arbeit ist gesund? Wer verdient was und warum? Was bedeutet Verantwortung? Braucht es Chefs? Wem gehört meine Zeit? Wie lebt man ein erfülltes Leben in einer überfordernden Gesellschaft?

Aus ihren Erfahrungen, Recherchen, Gespräche, Improvisationen und Exkursionen ergaben sich Antworten für eine Theaterarbeit auf Augenhöhe: selbstbestimmt, engagiert und sich selbst entfaltend. Zusammen haben sie auch ihr Manifest entwickelt, das sie in die Welt hinaustragen. Institutionen, die mit ihnen kooperieren wollen, spüren so ihre Haltung. Diese Gedanken sind auch in den Film eingeflossen: diesen Trip der Extravaganzen, diese Space Opera theoretischer Knalleffekte, diese Purzelbäume überraschender Perspektivwechsel.

Das nächste Stück heisst «Es war kein Mal oder das Märchen von der Normalität» und spielt auf dem Planeten Hora, wie überhaupt die nächste Zeit eine Hora-Zeit sein wird, wie die Horas es voraussehen. Der Film «Planet Hora» gibt uns Antworten, die Fragen stellen, stellt Fragen, die von uns Antworten verlangen – die vielleicht erst Stunden, Tage oder Wochen nach Ende in unseren Köpfen und Herzen weiterwirken.

Regie: Yanna Rüger, Stephan Stock, Heta Multanen, Produktion: 2022, Länge: 93 min, Verleih: www.hora.ch