Rhythm is it!
250 Kinder und Jugendliche aus 25 Nationen, die meisten ohne jede Erfahrung mit klassischer Musik, proben in Berlin eine Choreografie zu Igor Strawinskys «Le Sacre du Printemps». Was vielleicht als nette Abwechslung im Schulalltag begonnen hatte, wurde für die jungen Menschen zur spannenden, höchst emotionalen Entdeckungsreise zum eigenen Ich und in die Welt der Musik und des Tanzes. Auf Augenhöhe mit seinen drei ausgewählten Protagonisten Marie, Martin und Olayinka erzählen Thomas Grube und Enrique Sanchez Lansch in «Rhythm is it!» mit Sorgfalt und Leidenschaft vom ersten grossen Education-Projekt der Berliner Philharmoniker unter Leitung von Sir Simon Rattle. Er hatte die Vision, dieses zu starten, und den Mut, den Choreografen Royston Maldoom zu holen, der seit dreissig Jahren Tanzprojekte wie dieses auf der ganzen Welt mit grossem Engagement durchführt.
Ein Projekt und der Film darüber
Das Musik-Tanz-Projekt ist in seiner Radikalität und Schönheit einmalig. Es ermuntert, ähnliche Projekte, wenn auch in viel kleinerem Umfang, selber durchzuführen. Es lässt einen von aussen zuschauen, zuhören und verstehen, was geschieht, wenn Schülerinnen und Schüler lernen.
Den Filmemachern ist es gelungen, exakt und einfühlsam, tagebuchartig und dennoch umfassend darüber zu berichten. Ihr schönstes Verdienst dürfte es jedoch sein, dass die pädagogische und ästhetische Leidenschaft der Musikerinnen und Musiker, der Tänzerinnen und Tänzer, des Dirigenten und des Choreografen auf uns überspringt. Der mitreissende und zärtliche Film macht erlebbar, was geschieht, wenn eine Herausforderung, wenn das Vertrauen, wenn die alle Grenzen sprengende Kraft der Musik und des Tanzes junge Menschen zu Selbstentdeckungen führt.
Zum Menschen reifen
Im Vordergrund steht der Prozess, wie Musik in Tanz umgesetzt wird, im Hintergrund, wie die junge Menschen dabei wachsen, erwachsen werden. Der Film über das Projekt, das Rattle und Maldoom selbst kommentieren, erinnert an das «Erkenne dich selbst!» am Tempel von Delphi, in die Sprache unserer Zeit übersetzt.
Einen «leisen Abenteuerfilm über die Selbstentdeckung» nannte ihn eine Kritik, als «ein Wunder!» bezeichnete ihn eine andere. Ebenso ist er ein überzeugendes Plädoyer für Kunst und Erziehung. Kunst nicht als Luxus verstanden, der die Umwelt verschönert, sondern als Notwendigkeit, die Sinn schafft; Erziehung, nicht als Sammlung von Rezepten, sondern als «Geburtshilfe» zur Menschwerdung. Der wunderbare Dokumentarfilm stösst zu den Geheimnissen dessen vor, was Erziehung und Kunst bedeuten können. Er dürfte jeder Pädagogin und jedem Pädagogen etwas geben.