Worlds Apart

Die Liebe in Zeiten des Krieges: In «Worlds Apart» erzählt Christopher Papakaliatis drei Liebesgeschichten aus drei Generationen, eingebettet in die aktuelle Situation Griechenlands: bewegend, zum Nachdenken anregend. – Ab 15. Januar 2017 im Kino
Worlds Apart

Die griechische Studentin Daphne und der syrische Flüchtling Farris

Der Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler Christopher Papakaliatis versteht es, mit den jungen Farris und Daphne, den mittelalterlichen Giorgos und Elise und den alten Sebastian und Maria das Drama, das sich im südlichen Europa in seiner schier ausweglosen Dramatik abspielt, zu zeigen und gleichzeitig die Kraft und Fantasie des antiken griechischen Liebesgottes Eros in heutigen Menschen auferstehen zu lassen. Da sind die Flüchtlinge, die gerne Richtung Norden weiterreisen möchten und in Griechenland festsitzen. Da sind die Griechen, die ob der von der EU verordneten Sparmassnahmen um ihr Überleben ringen. Und da sind die Alten, die in einer stumpfsinnigen Zeit neuen Lebenssinn suchen. «Worlds Apart» vereinigt drei Liebesgeschichten in eine und zeigt gleichzeitig die politische und wirtschaftliche Tragödie Griechenlands. Der Regisseur thematisiert in seinem Film zwei Grundkräfte: die Macht in der Flüchtlingstragödie und die Liebe des Gottes Eros.

Nicht zufällig hat «Worlds Apart» in den griechischen Kinos ein Rekordergebnis von 700'000 Eintritten erzielt, mehr als «Star Wars». Es scheint, der Film hat die Griechen in ihrer Befindlichkeit ins Herz getroffen. Er dürfte aber auch uns etwas bedeuten, wenn wir ihn als Parabel des Lebens und Überlebens in einem der Krisenherde der heutigen Welt verstehen. Denn Träume sind zum Leben da, Mauern zum Überwinden.

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Der griechische Manager Giorgos und die schwedische Saniererin Elisa

Aus einem Interview mit Christopher Papakaliatis

«Der Film behandelt mehrere komplexe Themen wie die Wirtschaftskrise, die Flüchtlingskrise und die historisch aufgeladene Beziehung zwischen Deutschland und Griechenland. Dennoch haben Sie es geschafft, einen unterhaltsamen Film zu drehen, der nicht nur ein politisch interessiertes Publikum ansprechen kann. Wie sind Sie darauf gekommen, die Themen so einzubinden?

Ich wollte eigentlich eine Geschichte über die Liebe schreiben. «Worlds Apart» ist für mich zuallererst eine Geschichte über die Liebe, aber auf eine spezielle Weise. Es war meine Absicht, eine Liebesgeschichte in einer harten und herzlosen Umgebung zu schreiben. In jeder Liebesgeschichte gibt es eine Hürde. Ich beschloss, dass in diesem Film die politische und soziale Krise, die Griechenland und auch den Rest Europas durchrütteln, die Hürde sein soll. In anderen Worten: Es geht um Liebe versus Politik.

Die Politik an sich ist also nicht zentral für Sie im Film.

Die Politik soll bloss der Hintergrund sein, ein Hindernis. Und nicht nur die Politik: auch die soziale Krise. Denn das Soziale und die Politik stehen einander sehr nahe, vor allem heute. Ich wusste, dass ich eine Liebesgeschichte schreiben wollte, aber statt einer Person der Liebesbeziehung schlechte Charaktereigenschaften zu verpassen, sollte die Krise den schlechten Charakter darstellen.

Möchten Sie mit dem Film eine bestimmte Botschaft vermitteln?

Ja, ich wusste sehr genau, was die Botschaft sein würde, auch wenn es ein Klischee ist: Selbst in den extremsten Umständen gibt es immer Platz für die Liebe. Deshalb entschied ich mich auch für den Titel «Worlds Apart»: Unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Länder, unterschiedliche Sprachen kommen alle in Griechenland zusammen, Ausländer besuchen Griechenland und verlieben sich in Griechen.

Und wofür stehen die Beerdigungszeremonien im Film?

Die Geschichte spielt zeitlich rund um den Karfreitag, und ich wollte Elemente finden, die die Geschichten verbinden, vor der grossen Aufschlüsselung am Ende. Denn der Film handelt von drei Liebesgeschichten, die schlussendlich alle in Verbindung miteinander stehen und in eine Geschichte übergehen. Das Publikum sieht am Anfang drei Liebesgeschichten, dann passiert etwas, und sie kommen alle zusammen. Vor dieser Verbindung wollte ich ein paar gemeinsame Elemente in jeder Geschichte platzieren. Eines davon ist der Mythos von Eros und Psyche, ein weiteres das griechisch-orthodoxe Osterfest. Das sollte gleichfalls ein griechisches Element im Film darstellen, denn das Osterfest in Griechenland ist einzigartig. Und es soll dem Publikum auch vermitteln: Alle drei Geschichten spielen in derselben Periode, in der Osterwoche.»

Interview: Meret Ruggle

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Der deutsche Historiker Sebastian und die griechische Hausfrau Maria

Die Liebe angesichts der Macht – die Macht angesichts der Liebe

Am Anfang des Films heisst es im Off-Ton: «Es gibt Tausende von Interpretationen über die Macht der Liebe im Lauf der Zeit.» Dazu bringt Papakaliatis eine Geschichte, die ganz im Hier und Jetzt Griechenlands angesiedelt, gleichzeitig über Zeit und Raum hinaus allgemein gültig ist. Am Schluss, wo sich die drei Geschichten vereinen und Macht und Liebe sich nahekommen, gibt es nochmals einen Text, der auf eine Erklärung hinweist: «Für Eros wurden Kriege geführt, viele Menschen waren zu beklagen, ganze Weltteile veränderten sich. Nur weil niemand je seine Kraft besiegen konnte. Uns mögen Welten trennen, aber es ist nicht möglich auseinanderzufallen, bevor man zusammen ist und etwas Vertrautes im andern entdeckt. Er akzeptiert, dass unsere Welt zwischen diesen beiden Polen liegt: dass die Welt herrlich und grossartig, gleichzeitig aber auch furchtbar und grausam ist.

Regie: Christopher Papakaliatis, Produktion: 2015, Länge: 103 min,Verleih: trigon-film.org